Roboterjournalismus: Wenn KIs Nachrichten schreiben

0 Kommentare / vom 10.04.2018 / in "In Zukunft"

Eine Schreibmaschine wird von einem Roboter bedient
Roboterjournalismus muss mehr sein als nur das Füllen von Lückentexten.

Seit einigen Jahren geistert der Begriff "Roboterjournalismus" durch die Zeitungsverlage weltweit. Nachrichten-Texte werden in Zukunft von intelligenten Programmen und nicht mehr von Menschen geschrieben, so denkt man bei diesem Begriff. Aber wird eine KI in Zukunft Journalisten ersetzen? Tatsächlich kann die Frage derzeit mit einem Nein beantwortet werden. Denn noch ist die Art und Weise, wie Roboterjournalismus funktioniert, simpel.

Roboterjournalismus beschreibt zunächst den Vorgang, wenn Nachrichteninhalte (zum Beispiel ein Artikel) von einem Programm automatisch generiert werden. In seiner einfachsten Form funktioniert Roboterjournalismus so, dass Daten, die einer strukturierten Form wie in einer EXCEL-Tabelle vorliegen, in eine Text-Vorlage geschrieben werden. Wie einen Lückentext muss man sich das vorstellen:

"Die Temperatur heute in ___ beträgt ___ Grad Celsius. Die Sonne wird ___ Stunden scheinen."

In diese leeren Felder werden nun Daten aus der strukturierten Datenquelle eingetragen. Und zwar nicht einmal, sondern in diesem Beispiel für alle Städte in Deutschland. Denn für einen Artikel macht dieses Verfahren nicht viel Sinn, ein Mensch wäre genauso schnell. Nur wenn als Ergebnis eine große Anzahl von Inhalten stehen soll, lohnt es sich.


Einfache Anwendungsgebiete von Roboter-Journalismus sind heute:

  • Artikel zu Wetter in Städten
  • Artikel zu Aktienkursen von Firmen
  • Artikel zu Sportergebnissen von z.B. Fussballspielen

Auf diesem Wege können natürlich auch Podcasts und Videos in Masse erstellt werden.

Doch selbst in der leicht verbesserten Version von Roboterjournalismus mit WENN/DANN - Bedingungen (WENN Grad > 30, DANN AUSGABE "Es wird sehr heiß." oder WENN TORE_GEGNER > 10, DANN AUSGABE "Es war eine blamable Vorstellung des Gastgebers."), hat diese Art von Roboterjournalismus mit künstlicher Intelligenz vorerst weniger zu tun, der generierte Text wirkt irgendwie unecht und bis auf die wenigen Einsatzzwecke, für die strukturierte Daten vorliegen, gibt es sonst nicht viel mehr. Was also tun, um den Prozess natürlicher zu gestalten?


Mit "Natural Language Processing" die Ein- und Ausgabe verbessern


Natural Language Processing (kurz: NLP) versucht, natürliche Sprache zu erfassen und zu verarbeiten. Dazu werden Erkenntnisse aus der Sprachwissenschaft mit künstlicher Intelligenz kombiniert. Zu NLP gehören auch Natural Language Understanding (kurz: NLU) und Natural Language Generation (kurz: NLG). NLU bezeichnet die Fähigkeit, einen Inhalt zu verstehen, zum Beispiel welche Anweisung gegeben wird oder welche Frage gestellt wird. NLG ist die Erstellung des Inhalts aus Daten, die durch NLP und NLU erzeugt wurden. Anders gesagt: NLG ist der Übersetzer, der Daten in eine sehr natürliche Sprache umwandelt.

Mit NLP, NLU und NLG wären zwei Dinge möglich:

  • für die Eingabe: Wichtige Daten in natürlich geschriebenen oder gesprochenen Texten werden erkannt, so dass die Datenquelle nicht unbedingt strukturiert sein muss. Aus einer Pressemitteilung könnten somit zum Beispiel alle Nachnamen von erwähnten Personen extrahiert werden.
  • für die Ausgabe: Der erstellte Inhalte, also zum Beispiel ein Nachrichten-Text, wird nicht mit einem Lückentext zusammengestellt, sondern einzigartig wie von einem Menschen generiert. Aber das in Sekundenbruchteilen.
Dies wäre somit ein deutlicher Schritt in Richtung "Roboter ersetzt Journalist".


Wie kann Roboter-Journalismus in Zukunft aussehen?


Dazu muss erstmal klar sein, dass ein Journalist im besten Fall nicht nur ein paar Daten zusammensucht und daraus einen Text schreibt.

Beispiel: Es gibt ein Ereignis, zum Beispiel ein großer Waldbrand in der Nähe der Stadt Berlin.

  1. Der Journalist erkennt, dass dieses Thema viele Leser interessieren könnte.
  2. Der Journalist recherchiert nun und baut den Text auf:
    • Wie groß ist der Waldbrand?
    • Besteht Gefahr für die Bevölkerung von Berlin?
    • Wie kann man sich bei einem Waldbrand in Sicherheit bringen?
    • Wie entstehen Waldbrände?
    • Wann und wo gab es die letzten großen Brände?
    • Was sagt die Feuerwehr zu dem Waldbrand? Was sagen Anwohner dazu?
    • ...
  3. Der Journalist versucht zudem, etwas aufzudecken. Gab es Versäumnisse bei der Forstbehörde, die den Waldbrand hätten verhindern können? Er versucht, über Kontakte und mit viel Hartnäckigkeit, diese Informationen zu bekommen.
  4. Der Text ist nun fertig und wird veröffentlicht.
  5. Passiert das Ereignis über einen längeren Zeitraum, so folgenden weitere Texte. Auch Leser haben vielleicht noch weitere Informationen und senden diese dem Journalisten zu.

Führt man sich diese Punkte vor Augen, so ist klar, dass der Journalist - sofern seine Aufgaben weiterhin so definiert sind wie oben beschrieben und der Qualitätsanspruch der gleiche bleibt - nie durch einen Algorithmus ersetzt werden kann. Aber die künstliche Intelligenz kann helfen.


Wie kann eine KI hier assistieren?

  • Zu 1: Das Erkennen von aktuellen Themen kann eine KI über das Beobachten von Social-Media - Trends wie Twitter realisieren. Worüber sprechen gerade Nutzer in den sozialen Netzwerken? Worüber berichten andere Zeitungen derzeit? Dies ist bereits heute kein Problem durch Dienste wie crowdtangle.
  • Zu 2: Durch intelligente Suchen, Zugriff auf Wikipedia, eigene Archive und Pressemitteilungen der Feuerwehr sowie mittels NLP kann die KI die meisten Recherche-Fragen, die der Journalist hat, ausführen und ihm in übersichtlicher Form liefern. Um den Konktakt zu Behörden und Anwohnern zu erleichtern, können automatisch Telefonnummern ermittelt und Termine automatisch vereinbart werden.
  • Zu 10: Schwierig für eine KI, in diesem Fall generelle Aufgaben zu übernehmen. Intuition des Journalisten und Aufbau von Vertrauensverhältnissen ist hier gefragt.
  • Zu 11: Eine KI kann überprüfen, ob der Artikel alle notwendigen Kriterien erfüllt. Dazu gehören Rechtschreibung, aber auch, dass der Artikel in unterschiedlichen Tonalitäten für verschiedene Zielgruppen generiert wird (Sie-Anrede, Du-Anrede, einfache Sprache, kurze Version für Pendler, ...).
  • Zu 12: Das Beobachten von zugesendetem Feedback kann eine KI übernehmen und bereits nach Stichwörtern vorfiltern. Über NLP ist es auch möglich, den Unterton von Kommentaren zu erkennen. Ist der Kommentar negativ oder positiv? Die Sentimentanalyse macht es möglich.

Zusammengefasst: Bis eine künstliche Intelligenz einen Journalisten komplett ersetzen wird, dauert es sich noch einige Zeit und ich glaube, dass es auch nie passieren wird (sofern der Journalist nicht nur Wetterberichte schreibt). Die KI kann aber bereits heute bei vielen unkritischen Prozessen unterstützen. Geht es jedoch um das Aufdecken und das Erzählen von Geschichten, dann wird dies der Mensch weiterhin übernehmen.



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